OLG Köln: Ein Tiefbauunternehmer muss sich vor Durchführung von Erdarbeiten an öffentlichen Straßenflächen nach der Existenz und dem Verlauf unterirdisch verlegter Versorgungsleitungen erkundigen.
Wird durch einen Tiefbauunternehmer ein Schaden
verursacht, so geht es um die Frage, welche Prüfungspflichten ein
Tiefbauunternehmer überhaupt hat. Mit dieser Frage hatte sich kürzlich das OLG
Köln auseinanderzusetzen (Urteil vom 07.05.2014, Az. 16 U 135/13).
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt
zu Grunde: Der Auftraggeber (AG) beauftragt einen Generalunternehmer (GU) mit
Bauarbeiten. Dieser beauftragt einen Nachunternehmer (NU1) mit den
Tiefbauarbeiten und der Absicherung der Baugrube, dieser wiederum einen
weiteren Nachunternehmer (NU2) mit der Ausführung der Tiefbauarbeiten. Mit der
Überprüfung des Baugrunds auf Kabelschachtanlagen und Leitungstrassen
beauftragt der GU ein weiteres Unternehmen (U). Bei den Untersuchungen verkennt
U einen bestehenden Konflikt der geplanten Tiefbauarbeiten mit im Boden
existierenden Versorgungsleitungen, wodurch diese beschädigt werden. Der AG
lässt eine Notfallreparatur der Leitungen vornehmen und nimmt die vier
Unternehmen auf Schadensersatz in Höhe von rund 34.000 Euro in Anspruch.
Während das Landgericht GU, NU1 und NU2 zum Ersatz der Reparaturkosten
verurteilt, wird die Klage gegen U abgewiesen. Dagegen richtet sich die
Berufung des Auftraggebers.
Mit Erfolg!
Das Oberlandesgericht Köln verurteilt auch U gesamtschuldnerisch haftend zur
Zahlung der Reparaturkosten und bestätigt die einschlägige höchstrichterliche
Rechtsprechung. Der BGH stellt hohe Anforderungen an die Pflicht eines
Tiefbauunternehmers, sich vor der Durchführung von Erdarbeiten gerade bei
öffentlichen Verkehrsflächen nach der Existenz und dem Verlauf von unterirdisch
verlegten Versorgungsleitungen zu erkundigen. So muss sich der
Tiefbauunternehmer die erforderliche Kenntnis verschaffen, die eine sichere
Bewältigung der auszuführenden Arbeiten voraussetzt. Er muss sich dort, wo
zuverlässige Unterlagen über den Verlauf von Versorgungsleitungen vorhanden
sind, demnach bei Bauämtern und gerade auch bei Versorgungsunternehmen über den
Verlauf etwaiger Leitungen erkundigen. Notfalls müssen Probebohrungen oder
Ausschachtungen vorgenommen werden. Die Haftung des U begründet das
Oberlandesgericht Köln damit, dass er noch nicht einmal Auskünfte bei den
Betreibern der Versorgungsleitungen eingeholt hat. Das Prüfungsergebnis des U
sei somit unzureichend und irreführend, da zwar Bestandsleitungen
angezeigt werden, jedoch die Dimension der Kabelanlage weder zu erahnen noch
ein potenzieller Konflikt mit den geplanten Aushubarbeiten und den Leitungen zu
erkennen sei. Die übrigen Beteiligten hätten sich auf die Angaben des U
verlassen, ohne diese zu prüfen.
Tiefbauer
haben die Pflicht, den Boden hinreichend auf Bestandsleitungen zu überprüfen.
Auch im Falle einer Delegation auf einen Dritten muss sich jedes Unternehmen
vergewissern, dass der zur Untersuchung Verpflichtete der Untersuchungspflicht
nachkommt und bei ihm hinreichende Gewissheit von der Lage eventueller
unterirdischer Leitungen vorliegt. Es entsteht eine Auswahl-, Kontroll- und
Überwachungspflicht. Sofern die Untersuchungen des Baugrunds dem Anspruch der
Vollständigkeit und der Zuverlässigkeit nicht genügen, müssen gegebenenfalls
weitere Untersuchungen vorgenommen werden.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt
für Bau- und Architektenrecht
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