OLG Hamm: Wirksame Einbeziehung der VOB/B
Häufig heißt
es auch in Bauverträgen mit Verbrauchern: „Es gilt die VOB/B.“ VOB/B bedeutet
Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B. Dabei handelt es sich um
Allgemeine Geschäftsbedingungen. Unter welchen Voraussetzungen sind diese aber
tatsächlich wirksam in den Vertrag einbezogen?
Mit dieser
Frage hatte sich kürzlich das OLG Hamm (Urteil vom 11.11.2015, 12 U 34/15)
auseinanderzusetzen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Der
Eigentümer eines von ihm selbst bewohnten Hauses erteilte einem Dachdecker den
Auftrag, ein Dach zu sanieren und eine Solaranlage zu installieren. Der
Dachdecker übersandte vor Ausführung des Auftrags einen Kostenvoranschlag, in
dem auf die VOB/B und seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) verwiesen
wird. Weder den Text der VOB/B noch die AGB übergab er dem Eigentümer. Nach
Ausführung der Leistung kommt es zum Streit über Mängel. Der Eigentümer nimmt
die Arbeiten des Dachdeckers nicht ab und macht Vorschuss in Höhe der Mängelbeseitigungskosten
geltend. Der Dachdecker beruft sich auf seine AGB. Danach seien Mängel binnen
14 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung geltend zu machen. Diese Frist habe
der Eigentümer nicht gewahrt.
Das OLG Hamm
gibt der Klage statt. Der Senat erörtert zunächst, ob der vom Eigentümer
geltend gemachte Vorschussanspruch nach den Bestimmungen der VOB/B oder des BGB
zu prüfen ist. Das hängt davon ab, ob die VOB/B - deren Regelungen AGB sind -
in den Vertrag einbezogen worden ist. Die Einbeziehung setzt neben der
Vereinbarung der VOB/B zusätzlich voraus, dass dem Vertragspartner (hier
dem Eigentümer) der Text der VOB/B übergeben wird (§ 305 Abs. 2 Nr. 2
BGB). Denn nur unter dieser Voraussetzung kann der Kunde in zumutbarer Weise
vom Inhalt der VOB/B Kenntnis nehmen. Der Kenntnisverschaffung bedarf es
allerdings nicht, wenn der Vertragspartner Unternehmer ist. Zur Begründung
der Unternehmereigenschaft reicht es aber nicht aus, dass der Eigentümer auf
dem Dach seines Hauses eine Photovoltaikanlage betreibt. Hierdurch wird das
Bild eines planmäßigen Geschäftsbetriebs nicht vermittelt. Wer auf seinem
eigenen, selbst bewohnten Privathaus eine Photovoltaikanlage betreibt, hat
unabhängig von der Größe der Anlage stets die gleichen, nur einen geringen
Aufwand erfordernden Tätigkeiten auszuführen, die nichts mit dem Betrieb eines
Handelsgeschäfts zu tun haben. Die VOB/B ist also nicht wirksam in den Vertrag
einbezogen worden. Aus dem gleichen Grund kann sich der Dachdecker auch nicht
auf seine AGB berufen. Auch diese hat der Eigentümer nicht ausgehändigt
erhalten, weshalb sie nicht Vertragsbestandteil geworden sind. Auf die Frage,
ob die in den AGB enthaltene Beschränkung der Gewährleistung wirksam ist, kommt
es danach nicht an.
Fazit: Handelt es sich beim Bauherrn um eine
Privatperson und nicht um einen Unternehmer, genügt der Hinweis auf die Geltung
der VOB/B auf einem Kostenvoranschlag nicht, um die VOB/B wirksam in den
Vertrag einzubeziehen. Wer auf seinem eigenen, selbst bewohnten Privathaus eine
Photovoltaikanlage betreibt, ist unabhängig von der Größe der Anlage nicht
deshalb Unternehmer im Sinne des § 14 BGB. Legt der Unternehmer Wert darauf,
die VOB/B wirksam in den Vertrag mit einem Verbraucher einzubeziehen, so muss
er die VOB/B im Volltext an den Vertragspartner übergeben.
Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer,
Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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