LG Landshut: Hinter Maschendrahtzaun an der Grenze darf ein Sichtschutzzaun errichtet werden
Häufig gibt es zwischen Nachbarn Streit über die
Grenzeinrichtung. Dabei kann es häufig etwa um den viel besungenen
Maschendrahtzaun gehen. Mit so einer Problematik hatte sich kürzlich das
Landgericht Landshut auseinanderzusetzen.
Dem Urteil des Landgerichts Landshut (Urteil vom
18.01.2017, Az. 13 S 2208/15) lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Parteien
sind Nachbarn. Ein Maschendrahtzaun steht teilweise auf dem Grundstück der
Kläger und teilweise auf dem des Beklagten. Errichtet wurde der Zaun während
der Besitzzeit von Rechtsvorgängern der Parteien. Keiner der Rechtsvorgänger
der Parteien protestierte gegen die Errichtung. Als einer der Kläger die Hecke
am Maschendrahtzaun zurückschneidet, errichten die Mieter des Beklagten hinter
dem Maschendrahtzaun einen Holzflechtzaun mit einer Länge von 20 m und einer
Höhe von 1,80 m. Die Kläger nehmen den Beklagten auf Beseitigung des
Holzflechtzauns in Anspruch.
Die Klage wird abgewiesen. Der Holzflechtzaun darf
bleiben! Anspruchsgrundlage für das Begehren könne der
Wiederherstellungsanspruch aus § 922 S. 3, § 1004 BGB sein. Danach dürfe eine gemeinschaftliche
Grenzanlage nicht ohne Zustimmung des Nachbarn geändert werden, wenn der
Nachbar am Fortbestand der Einrichtung ein Interesse hat, wobei von einem
berechtigten Interesse der Kläger auszugehen sei. Der Beklagte sei zwar Störer
im Sinne dieser Rechtsvorschrift. Ein Vermieter habe als mittelbarer
Handlungsstörer für seinen Mieter einzustehen, wenn er ihm die
Mietsache mit der Erlaubnis zu einer störenden Handlung überlassen habe oder
zumindest eine Störungshandlung nicht verhindere, die beim Gebrauch der
Mietsache entstehe. Eine von beiden Varianten treffe hier zu. Daher ist der
Beklagte als mittelbarer Handlungsstörer anzusehen. Der Maschendrahtzaun sei
eine gemeinschaftliche Grenzeinrichtung. Auch das ungeschriebene
Tatbestandsmerkmal, dass die Grenzeinrichtung mit Zustimmung des Nachbarn
errichtet werden muss, sei erfüllt. Dazu reiche die stillschweigende Zustimmung
aus. Diese sei bereits anzunehmen, wenn die Parteien damit rechnen mussten,
dass beide Grundstücke in Anspruch genommen wurden und dies nicht
beanstandeten. Trotzdem bestehe kein Anspruch der Kläger, weil der Beklagte ein
Recht aus § 903 Satz 1 BGB und Art. 14 Abs. 1 GG habe, sein Grundstück nach
eigenen Vorstellungen - aber innerhalb der gesetzlichen Grenzen - zu
gestalten.
Nachdem die Revision zugelassen worden ist, hat
nunmehr der Bundesgerichtshof zu entscheiden. Man darf gespannt sein, wie der
BGH sich zu seiner Rechtsprechung aus den 1980er Jahren stellt. Damals
entwickelte er den Grundsatz, dass jeder Nachbar die Erhaltung einer
Grenzanlage in ihrer äußeren Beschaffenheit verlangen darf, wenn sich die
Grundstücksnachbarn gemeinsam für eine bestimmte Grenzeinrichtung entschieden
haben. Gegen diese Rechtsprechung entscheidet das Landgericht, dass eine gemeinsame
Grenzeinrichtung grundsätzlich nur die Funktion der Grenzscheidung
habe und weitere Umstände für ein bestimmtes Erscheinungsbild hinzutreten
müssten. Überzeugend ist die Argumentation des Landgerichts nicht, weil die
Gestaltungsfreiheit des Eigentümers eine gesetzliche Schranke gefunden hat, die
eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung der Eigentumsgarantie
darstellen dürfte. Daher dürften die Mieter des Beklagten die gesetzlichen
Grenzen der Gestaltungsfreiheit an einer gemeinschaftlichen Grenzanlage mit der
Errichtung des Holzflechtzauns überschritten haben.
Dr. Wolfgang
Meurer, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht,
Rechtsanwaltskanzlei Dr. Meurer, Meurerstraße 33, Hückelhoven-Ratheim
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