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Welche Bedeutung haben Herstellervorschriften für die Mangelbeurteilung?

 

 

Welche rechtlichen Konsequenzen eine Abweichung von Herstellervorschriften im Zuge der Ausführung der Werkleistung hat, ist in Bauprozessen häufig streitig. Verstößt er gegen DIN-Vorschriften, wird ein Mangel vermutet. Fraglich aber ist, ob sich ein Mangel auch daraus ergeben kann, dass von über die Regeln der Technik hinausgehenden Herstellervorgaben abgewichen worden ist. Mit dieser Frage hatte sich kürzlich der Bundesgerichtshof auseinanderzusetzen.

 

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21.04.2011 (Az. VII ZR 130/10) lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Ein Fensterbauer erhält von einer Wohnungsbaugesellschaft den Auftrag, in einem Hausanwesen Fenster auszutauschen. Dazu bestellt er am 30.05.2001 bei einem Hersteller 34 maßgefertigte PVC-Rundbogenfenster. Der Fensterbauer baut diese ein. Nach einem Anwendungsdiagramm des Produzenten der Fensterbeschläge darf bei einem Fensterflügel mit einem Gewicht von 80 kg der Abstand zwischen dem oberen Lenkerlager und dem höchsten Punkt des Rundbogens nicht größer als 400 mm sein. Dieses Maß aber ist bei den gelieferten Fenstern um mehr als die Hälfte überschritten. Die Fenster weisen jedoch ein Gewicht von nur 23,4 kg pro Flügel auf. Nach dem Einbau kommt es zu vielen Reklamationen wegen der Schwergängigkeit sämtlicher Dreh-Kipp- und Dreh-Flügel. Der Fensterbauer meint, es handele sich wegen der Abweichung vom Anwendungsdiagramm um Konstruktionsmängel, für die der Hersteller der Fenster verantwortlich sei. Dieser beruft sich auf das gerichtliche Gutachten eines Sachverständigen, wonach die Fenster einer sog. Dauerfunktionsprüfung nach RAL-RG 607/3 und der entsprechenden DIN-Norm EN 1191 standgehalten haben. Die Schwergängigkeit müsse also auf Montagefehler des einbauenden Unternehmers zurückzuführen sein.

 

Der Bundesgerichtshof lässt die Frage im Ergebnis offen. Im Rahmen der getroffenen Vereinbarungen schulde der Unternehmer ein funktionstaugliches und zweckentsprechendes Werk. Welche Beschaffenheit des Werks von den Parteien vereinbart worden sei, ergebe sich aus der Auslegung des Vertrags. Üblicherweise sichere aber der Unternehmer stillschweigend bei Vertragsschluss die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik zu. Entspreche die Werkleistung diesem nicht, liege regelmäßig ein Mangel vor. Die Mangelhaftigkeit einer Werkleistung könne sich auch daraus ergeben, dass Herstellerrichtlinien, die über die anerkannten Regeln der Technik hinausgehen, nicht eingehalten werden. Das hat der Bundesgerichtshof jedenfalls für den Fall angenommen, dass es um die Wahrung sicherheitstechnischer Belange geht (BGH, Urteil vom 23.07.2009, Az. VII ZR 164/08). Das scheide vorliegend aber aus, weil sich das Anwendungsdiagramm nur auf Fenster mit einem Gewicht von 80 kg beziehe, während die hiesigen Fensterflügel lediglich ein Gewicht von 23,4 kg aufwiesen. Im Übrigen sei das Anwendungsdiagramm für die hiesigen Fenster zwischen Fensterbauer und Hersteller nicht vereinbart. Der Bundesgerichtshof deutet jedoch folgende Ansicht an: Ist im Leistungsverzeichnis oder in sonstiger Abrede die Einhaltung einer Herstellervorschrift vereinbart, ist bei einem Verstoß gegen diese Werkleistung stets mangelhaft. Wird keine solche Abrede getroffen, kann eine entsprechende Beschaffenheitsvereinbarung unter anderem dann konkludent vereinbart sein, wenn eine Herstellergarantie nur bei Beachtung der Herstellervorschriften besteht. Existieren neben Herstellerrichtlinien keine konkurrierenden technischen Regeln, besteht bei Missachtung der Herstellervorschriften die (widerlegliche) Vermutung für einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik.

 

Im Ergebnis überzeugt die Ansicht des Bundesgerichtshofs nicht. Ob eine im Hinblick auf Herstellervorschriften abweichende Bauausführung bei fehlenden technischen Regelwerken tatsächlich eine Vermutungswirkung für einen Verstoß gegen die anerkannten Regeln der Technik begründen kann, erscheint fraglich. Das besondere Eigeninteresse des Herstellers an einer mangelfreien Verwendung seines Bauprodukts führt in der Praxis oftmals zu technisch überaus weitgehenden Verarbeitungsempfehlungen, die vielfach über die Vorgaben konkurrierender DIN-Normen und die anerkannten Regeln der Technik hinausgehen. Allein das Fehlen solcher Regeln darf dann nicht dazu führen, dass den Herstellervorschriften unbesehen eine Vermutungswirkung zugesprochen wird.

 

Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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