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Ist eine Matarialabweichung gleichzeitig ein Sachmangel?

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hatte sich kürzlich (Urteil vom 27.09.2011, Az. 8 U 97/09) mit folgendem Sachverhalt auseinander zu setzen: Bei der Aufstockung eines Bürogebäudes sollen aus Gründen des Schall- und Wärmeschutzes Hochlochziegel HLZ 12/1,4 (das heißt Festigkeitsklasse 12, Rohdichte 1,4) verwendet werden. Der Architekt erstellt mit diesen Werten das Leistungsverzeichnis für den Rohbauvertrag, der auch mit diesem Inhalt zu Stande kommt. Aufgrund Lieferengpässen bittet der Rohbauunternehmer den Architekten, mit einer geringeren Rohdichte, nämlich 0,9 statt 1,4 einverstanden zu sein. Dieser Bitte kommt der Architekt nach, ohne beim Bauherrn nachzufragen. Der Bauherr erfährt von dieser Materialabweichung kurz vor Abschluss der Maurerarbeiten und verlangt vom Rohbauunternehmer Rückbau der alten und Einbau der neuen Ziegel. Dieses wird jedoch insolvent und daraufhin verklagt der Bauherr den Architekten.

 

Die Klage hat Erfolg. In der Materialabweichung sieht das OLG Karlsruhe einen Sachmangel, weil die vereinbarte Beschaffenheit – Rohdichte 1,4 – nicht erbracht wurde. Ob und in welchem Umfang die Gebrauchstauglichkeit der Hochlochziegel dadurch beeinträchtigt ist, spielt für die Frage des Sachmangels keine Rolle. Daher kommt es auch nicht auf den Einwand des Architekten an, der den Bauherrn auf die Möglichkeit einer Vorsatzschale verweist, um den vorgesehenen Schallschutz zu erreichen. Der Architekt kann sich auch nicht auf die Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung durch Austausch der Hochlochziegel berufen. Denn soweit sich dieser Einwand aus dem BGB ergibt, könnte sich nur der nachbesserungspflichtige Unternehmer darauf berufen. Aus Sicht des Architekten handelt es sich hier jedoch nicht um eine Nachbesserung, sondern um einen Mangelfolgeschaden. Aber er kann den Unverhältnismäßigkeitsaufwand nicht gegenüber dem Schadensersatzanspruch geltend machen, weil einerseits die Rohdichte gerade im Hinblick auf den Schallschutz gewählt worden war und im Übrigen dem Architekten ein vorsätzlicher Vertragsverstoß vorzuhalten ist, weil er den Sachmangel ohne Rücksprache mit dem Bauherrn und wissentlich herbeigeführt hat.

 

Es bleibt damit festzuhalten: Erstens: Sind Lieferung und Einbau von Hochlochziegeln der Festigkeitsklasse 12 mit Rohdichte 1,4 vereinbart, so liegt ein Sachmangel vor, wenn die eingebauten Hochlochziegel lediglich eine Rohdichte von 0,9 aufweisen. Zweitens: Erklärt sich der Architekt auf Anfrage des Rohbauunternehmers vor Anlieferung der Steine mit der geringeren Rohdichte einverstanden, ohne das Einverständnis des Bauherrn einzuholen, liegt ein Planungsfehler vor. Drittens: Verlangt der Bauherr im Wege des Schadensersatzes vom Architekten die Kosten für den Austausch der Hochlochziegel, kann sich dieser nicht gemäß § 251 Abs. 2 BGB a. F. auf die Unverhältnismäßigkeit des Aufwands berufen, weil der Architekt ohne Rücksprache mit dem Bauherrn mit der Materialabweichung einverstanden war und ihm insoweit ein vorsätzlicher Vertragsverstoß vorzuhalten ist.

 

Fazit: Erklärt sich ein Architekt gegen die ausdrücklichen Vorgaben eines Leistungsverzeichnisses mit der Minderleistung durch den Bauunternehmer einverstanden, ohne das Einverständnis des Bauherrn einzuholen, könnte dies auch den Vorwurf des arglistigen Verschweigens begründen. Denn von einem Architekten, der mit der Vollarchitektur beauftragt und damit Sachwalter des Bauherrn ist und dessen besonderes Vertrauen genießt, kann der Bauherr Aufklärung über solche Vorgänge erwarten. In solchen Fällen muss der Architekt mit einer Verlängerung der Verjährung bis zehn Jahre  rechnen.

 

Dr. Wolfgang Meurer, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht


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